
eIDAS-Verordnung und EUDI Wallet - Relevanz für Kommunen und kommunale Unternehmen
Die Digitalisierung unseres Alltags schreitet in rasantem Tempo voran. Kommunen und kommunale Unternehmen stehen vor der Herausforderung, ihre Dienstleistungen effizienter, bürgerfreundlicher und vor allem digitaler zu gestalten. Von der Beantragung eines neuen Personalausweises über die Wohnsitz-Ummeldung, den Abschluss eines Versorgungsvertrags oder eines Nahverkehrsabonnements betrifft das zahlreiche Anwendungsfälle im kommunalen Umfeld.
Dabei spielt die Frage, wie sich Bürgerinnen und Bürger künftig identifizieren, authentifizieren und digitale Nachweise erbringen können, eine zentrale Rolle. Digitale Identitäten und Nachweise bieten in diesem Zusammenhang nicht nur die Grundlage für moderne, sichere und nutzerfreundliche kommunale Dienstleistungen, sondern zudem das Potenzial, Prozesse durch Automatisierung zu beschleunigen und dadurch Kosten zu senken.
Bislang erschwert ein fragmentierter Umgang mit Identitätslösungen wie BundID bzw. DeutschlandID, ELSTER und proprietären Lösungen nicht nur die Interoperabilität und Nutzerfreundlichkeit, sondern verursacht auch erhöhte Verwaltungskosten, wo eigentlich Kosten gesenkt werden sollten.
„eIDAS-Verordnung“ – Ein Hoffungsschimmer?
Ein vielversprechender Schritt in Richtung einer einheitlichen digitalen Identitätslösung ist die novellierte europäische eIDAS-Verordnung (englisch electronic IDentification, Authentication and trust Services). Die Verordnung schafft einen einheitlichen rechtlichen Rahmen für digitale Identitäten und Vertrauensdienste in der gesamten EU mit dem Ziel grenzüberschreitend anerkannte digitale Identitäten und Identitätslösungen zu etablieren, die sowohl für den öffentlichen als auch für den privaten Sektor nutzbar sind. Das bedeutet mehr Interoperabilität und weniger Insellösungen. Mit der eIDAS 2.0 setzt die EU zudem ein Gegengewicht zu Big-Tech-Identitätslösungen, um unabhängige und sichere digitale Identitäten zu etablieren.
Ein zentrales Element der eIDAS ist das Konzept einer digitalen Brieftasche oder auch European Digital Identity Wallet (EUDI Wallet), das bis Ende 2026 ein fester Bestandteil der digitalen Infrastruktur in den Nationalstaaten werden soll. Dabei wurde beschlossen, dass alle Mitgliedsstaaten mindestens eine digitale Wallet in Form einer mobilen App bereitstellen müssen, die es Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, sich in der gesamten EU digital auszuweisen und verschiedenste digitale Nachweise sicher zu verwalten. Diese Anwendung soll perspektivisch nicht nur für staatliche Dienstleistungen genutzt werden, sondern auch für Anwendungsfälle aus der Privatwirtschaft geöffnet werden. Unter der Federführung des Bundesministeriums des Innern (BMI) arbeiten die Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND) und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) derzeit an der Umsetzung einer deutschen Wallet-Lösung.
Kommunen und kommunale Unternehmen können von der Einführung der EUDI Wallet profitieren. Statt von Grund auf eigene digitale Identitätslösungen mit komplexen Authentifizierungs- und Sicherheitsmechanismen zu entwickeln oder sich von proprietären Insellösungen abhängig zu machen, können sie künftig auf die einheitliche interoperable Wallet mit integrierten Sicherheitsstandards setzen. Das reduziert – zumindest in Theorie – nicht nur Entwicklungs- und Implementierungskosten, sondern kann auch die Akzeptanz und Nutzung erhöhen.
Anpassungsbedarfe auf kommunaler Ebene
In der Theorie stellt die EUDI-Wallet für Bund, Länder und Kommunen einen strategischen Hebel dar, um die digitale Souveränität zu stärken und die Einführung digitaler Identitätsnachweise zu vereinfachen. Doch damit die eIDAS-Verordnung und die EUDI-Wallet tatsächlich als „Game Changer“ für Kommunen und kommunale Unternehmen fungieren können, gibt es jedoch noch einiges zu tun.
Zunächst muss der Bund die notwendigen technischen Komponenten sowie einheitliche Standards zur Verfügung stellen. Dies umfasst nicht nur die Entwicklung der Backend-Infrastruktur für die Verwaltung von Identitäten, sondern auch die Bereitstellung von strategischen Leitlinien und der Festlegung von Use Cases, die eine einheitliche und rechtssichere Nutzung der digitalen Identitäten ermöglichen. Ohne diese grundlegenden Voraussetzungen auf der Bundesebene können Kommunen keine einheitliche und interoperable Lösung umsetzen.
Auf kommunaler Ebene sind ebenfalls bedeutende organisatorische und technische Anpassungen erforderlich. Hierzu gehört die Integration der EUDI-Wallet in bestehende Systeme, die Schulung und Sensibilisierung von Mitarbeitenden, Bürgerinnen und Bürgern. Vielen Kommunen mangelt es noch an durchgängig digitalisierten Prozessen oder modernen IT-Systemen. Zunächst müssen somit grundlegende Lücken in der Prozessdigitalisierung geschlossen werden, um die Einführung von digitalen Identitätslösungen zu ermöglichen.
In Anbetracht des ambitionierten Zeitrahmens für die Einführung digitaler Identitätslösungen und der EUDI-Wallet stehen Kommunen noch vor erheblichen Herausforderungen. Konkrete Strategien und Erfahrungswerte aus der Verwaltung fehlen bislang weitgehend. Besonders im Hinblick darauf, wie bestehende digitale Infrastrukturen für die Integration von digitalen Identitäten genutzt werden können und welche organisatorischen sowie technischen Änderungen in den gewachsenen Verwaltungsstrukturen vorgenommen werden müssen, besteht noch großer Handlungsbedarf.
Austausch bei Civitas Connect e. V.
Wir möchten gerne mit euch zum Thema digitale Identitäten und ihre Umsetzung in Kommunen in den Austausch treten! Wenn ihr Interesse daran habt, das Thema gemeinsam zu erörtern und perspektivisch an Lösungskonzepten zu arbeiten, meldet euch gerne bei uns. Wir freuen uns auf einen konstruktiven Dialog und darauf, gemeinsam Wege zur digitalen Transformation zu finden.