Dreizehn Civitas-Mitglieder bündeln ihre Ressourcen, um gemeinsam eine Technologie für eine urbane Datenplattform zu entwickeln. Ziel der Software ist es, den komplexen Anforderungen an Datenhaltung und -management aus Sicht der Kommunen und Stadtwerke gerecht zu werden.
Warum ist das wichtig und was genau ist eine Datenplattform?
Eine urbane Datenplattform (UDP) ist eine Software, die an einer zentralen Stelle der kommunalen Infrastruktur verortet ist. In einer UDP laufen Daten aus den unterschiedlichsten kommunalen Bereichen zusammen: Mobilitätsdaten, Umweltdaten, Energiedaten, Statistikdaten u. v. m. Sie ermöglicht die breite Verfügbarkeit der Daten für Zugriffsberechtigte. Das können etwa das Verkehrsamt, das Umweltamt, die Stadtwerke und nicht zuletzt die Bürgerinnen und Bürger bei sogenannten offenen Daten („Open Data“) sein.
Eine UDP ist also eine Datendrehscheibe, die es unterschiedlichsten Akteuren in der Stadtgesellschaft ermöglicht, Daten zu nutzen und damit Wertschöpfung zu betreiben. Beispiele dafür sind unter anderem Parkleitsysteme, Baustellenmanagement, Stadtplanung, Hochwasserschutz, Bürgerpartizipation, Kita-Belegung, Energiemanagement und kommunale Wärmeplanung.
Während manche dieser Anwendungsfälle bereits heute durch entsprechende Fachsysteme bedient werden, ermöglicht eine UDP Synergieeffekte aus der gemeinsamen Nutzung von Daten: Eine UDP bricht Datensilos aus einzelnen Anwendungsfällen auf und ermöglicht Wertschöpfung durch das Verschneiden von Daten! Voraussetzung dafür ist die zentrale Datenhaltung in der UDP mit einheitlichen Datenmodellen.
Weiterhin ermöglicht eine UDP eine zentrale Qualitätssicherung, denn die Daten liegen nur einmal (1x) ab, an einer zentralen Stelle in der zuletzt aktuellen Version. Zuletzt bringt eine UDP ein feingranulares Rechtesystem mit, um Zugriff auf die Datenschätze auch nur an Zugriffsberechtigte zu geben.
Warum eine Datenplattform aus einem Verein heraus entwickeln?
Vor zwei Jahren haben fünf Civitas Connect Mitglieder mit konzeptionellen Überlegungen gestartet, um eine UDP zu entwickeln. Es wurden Anforderungen gesammelt und eine Lösung am Markt gesucht, die den Anforderungen unserer Mitglieder entspricht. Wesentliche Anforderungen sind insbesondere:
- die Souveränität über die Technologie und dessen Entwicklung
- eine einfache Nutzbarkeit
- möglichst geringe Abhängigkeiten zu privaten Unternehmen
- gesicherte langfristige Verfügbarkeit & Wartung
Auf der Suche nach einer entsprechenden Lösung am Markt haben die Mitglieder nur einzelne Lösungsbausteine gefunden, jedoch keine ganzheitliche Lösung. Deswegen wurde beschlossen, die Softwareentwicklung selbst in die Hand zu nehmen, d. h. passende Bausteine am Markt zu nutzen und sie zu ergänzen zu einer ganzheitlichen Lösung, die für viele Jahre gewartet wird und nutzbar bleibt. Letzteres ist ganz im eigenen Interesse der Mitglieder, die die Lösung auch selbst produktiv nutzen möchten. Die Lösung soll aber auch nachnutzbar sein für weitere Kommunen und kommunale Unternehmen in Deutschland.
Der Verein Civitas Connect bietet seit der Gründung im Jahr 2020 eine Kollaborations- und Austauschplattform zur digitalen Daseinsvorsorge für Kommunen und kommunale Unternehmen. UDPs sind ein inhärenter Baustein für die digitale Daseinsvorsorge. Es war also naheliegend, die bestehenden Strukturen und das große Netzwerk im Verein auch für dieses komplexe Vorhaben zu nutzen: für die eigene Software-Entwicklung einer Datenplattform-Technologie.
Was macht CIVITAS/CORE einzigartig?
Während UDPs kein neues Produkt sind, unterscheidet sich die Plattform-Lösung aus der Civitas Entwicklungsgemeinschaft grundlegend von anderen Lösungen am Markt: Civitas übernimmt nicht den Betrieb der Plattform, sondern ermöglicht die eigenständige Realisierung des Betriebs. Das überträgt sich auch auf die Dienstleister am Markt, die auf Basis des CIVITAS/CORE einen eigenen Betriebsservice aufbauen und anbieten können. So entsteht ein standardisierter Softwarekern für Datenplattformen, der vergleichbar und damit benchmarkfähig. Das Ergebnis ist ein echter Wettbewerb aus Unternehmen, die eigene Betriebsleistungen für Kommunen und Stadtwerke anbieten und sich mit dem günstigsten Preis und gleichzeitig der besten Qualität durchsetzen müssen.
Weiterhin beobachten wir viele Lösungen, die trotz Open Source nicht gut nachnutzbar sind. Man vermisst gute Dokumentation, manchmal gibt es sogar technische Einschränkungen, die im schlimmsten Fall erst spät auffallen. CIVITAS/CORE ist so dokumentiert und technisch aufgebaut, dass die Installation und Nutzung, aber auch Ergänzungen am funktionellen Umfang einfach sind und langfristig einfach bleiben. Es ist sogar erklärtes Ziel der CIVITAS/CORE Entwicklungsgemeinschaft, die Nachnutzung für jede Kommune und jedes Stadtwerk so einfach wie nur möglich zu gestalten und maximale Flexibilität zu ermöglichen. In Bezug auf die Betriebsumgebung heißt das zum Beispiel: CIVITAS/CORE ist sofort lauffähig, in beliebigen Clouds oder vor Ort im kommunalen Rechenzentrum.
Neben der einfachen Nachnutzung ist auch eine hohe Qualität der Software ein inhärentes Anliegen der CIVITAS/CORE Entwicklungsgemeinschaft. Denn je größer die Nutzerschaft von zufriedenen Kommunen und Städten ist, desto mehr Feedback und Weiterentwicklungen fließen in CIVITAS/CORE als auch in dessen Kontexte. Für die Qualitätssicherung wurden Maßnahmen in der Softwareentwicklung (sog. Quality Gates) definiert als auch externe Partner als Prüfer einbezogen, die eine hohe Qualität sicherstellen.
„So entwickelt sich ein Standard für kommunale Dateninfrastrukturen, der offen, unabhängig, funktional auf individuelle Bedürfnisse anpassbar, günstig in der Beschaffung, qualitativ hochwertig und dessen Wartung langfristig sichergestellt ist.“
– Mathias Renner, Community Manager, Civitas Connect e.V.
Übrigens: Neben Betriebsleistungen können Dienstleister am Markt auch weitere Leistungen im Kontext von CIVITAS/CORE anbieten, wie z. B. Integrationsleistungen, Schulungen, Konnektoren Entwicklung, Use Case Entwicklung und vieles mehr. Eine urbane Datenplattform ist der Mittelpunkt der kommunalen Dateninfrastruktur. In dessen Kontexten und umgebenen Systemen gibt es viele weitere Aufgaben, um die Potenziale einer UDP voll ausschöpfen zu können.
Wie geht es weiter?
Im Januar 2024 sind die ersten Softwareentwicklungen gestartet. Eine erste Version wurde Anfang April → hier als Open Source veröffentlicht, unter dem Namen „CIVITAS/CORE“.
Die größten Entwicklungen stehen allerdings noch bevor und werden in den nächsten Monaten und Jahren durchgeführt. Die nächste Evolutionsstufe, die Version 2.0 von CIVITAS/CORE, ist für Mitte 2025 geplant und wird folgende wesentliche Funktionen umfassen:
Mit diesen drei wesentlichen Funktionen werden die komplexen Anforderungen an eine kommunale Datenplattform erfüllt. Das ist das Ergebnis des umfangreichen Anforderungsprozesses der CIVITAS/CORE Entwicklungs-Gemeinschaft, in dem viele Städte und Stadtwerke ihre Bedürfnisse zusammengetragen, bewertet und priorisiert haben.
Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten weitere Details über die einzelnen Funktionen veröffentlichen.
Tendenz: Die Gemeinschaft wächst.
Von anfangs fünf auf inzwischen 13 Mitglieder wächst CIVITAS/CORE Gemeinschaft weiter. Auch darin zeigt sich der große Bedarf nach einer solchen Lösung. Und das motiviert uns, den Weg konsequent weiterzugehen. Die organisatorischen und technischen Strukturen wurden von Anfang an auf Wachstum ausgelegt. Denn jedes neue Mitglied ist eine Win-Win-Situation: einerseits beteiligt sich das Mitglied mit eigenen Ressourcen, also auch mit Erfahrung und Wissen. Dadurch steigt die Qualität der Anforderungen und der Software. Und andererseits hat jedes Mitglied ein Stimmrecht über die Weiterentwicklungen. So kann es seine eigenen Anforderungen einbringen, um von CIVITAS/CORE maximal zu profitieren.
Pionierarbeit für den öffentlichen Sektor in Deutschland
Dieses Projekt ist in seiner Art eine Premiere für den öffentlichen Sektor in Deutschland. Die CIVITAS/CORE Entwicklungsgemeinschaft verfolgt das Ziel, eine skalierfähige und umfangreiche Software als Kernelement für die digitale Basisinfrastruktur zu entwickeln und dabei keine Abhängigkeiten für die kommunalen Nutzerinnen und Nutzer zu erzeugen. Ein zentraler Erfolgsfaktor ist dabei der Aufbau und die Etablierung eines echten Open Source Projektes und Community die, inspiriert durch die großen amerikanischen Vorbilder und angepasst an die deutschen kommunalen Anforderungen, eine Blaupause auf für andere kommunale Entwicklungsgemeinschaften bilden kann. Dabei müssen, wenn auch mit starker Inspiration bestehender Entwicklungsgemeinschaften, gerade im organisatorischen Bereich auch neue Wege gegangen werden. Denn, auch wenn es hierbei um ein Open-Source-Projekt geht, wird die Steuerungshoheit ausschließlich in kommunaler Hand bleiben.
„So werden wir, nicht nur mit der Software, sondern auch mit der Art und Weise, wie wir diese langfristig pflegen und weiterentwickeln wollen, nachnutzbare Konzepte entwickeln, die für die Digitalisierung der Daseinsvorsorge mehr Geschwindigkeit bei gleichzeitig maximaler Souveränität bedeutet.“
– Ralf Leufkes, Geschäftsführer, Civitas Connect e.V.
Im Ergebnis wird hier eine Datenplattform VON der öffentlichen Hand FÜR die öffentliche Hand entwickelt, auf die man sich langfristig verlassen kann.
Mehr Informationen dazu finden sich in einem neuen Bereich auf der Vereinswebsite.
Anfragen rund um das Thema CIVITAS/CORE sind jederzeit unter m.renner@civitasconnect.digital willkommen.
Ähnliche Beiträge
Interview mit Sascha Götz
Im Gespräch mit Sascha Götz, Leiter des Programms Smart City der Stadt Bamberg, werfen wir einen genaueren Blick auf die Bedeutung einer zentralen Datenplattform in
Mit der neuen Energiewetteruhr von Civitas Connect e. V. das lokale Konsumverhalten beeinflussen – Anleitung und Datenmodell ab sofort verfügbar
Mit der neuen Energiewetteruhr können Städte und Stadtwerke künftig Verbraucherinnen und Verbrauchern einen Überblick über die erwartete Verfügbarkeit regionaler erneuerbarer Energien für die nächsten 12
Rückblick CIVI/CON 2024
Die CIVI/CON 2024 setzte den Erfolg des Vorjahres fort und zog erneut ein interessiertes Publikum an, das sich für die digitale Daseinsvorsorge und kommunale Zusammenarbeit