Baumaßnahmen sind für Kommunen ein alltägliches, aber komplexes Thema. Um einen reibungslosen und störungsarmen Verlauf sicherzustellen, müssen verschiedenste Bauprojekte und Akteure effizient geplant, koordiniert und überwacht werden. Keine leichte Aufgabe, wenn man bedenkt, dass an Baustellen oftmals nicht nur unterschiedlichste Ämter, Unternehmen und Private beteiligt sind, sondern auch spontane Herausforderungen oder kurzfristige Planänderungen auftreten können. Hinzu kommt die Aufgabe, den Verkehrsfluss aufrechtzuerhalten, Anwohnende rechtzeitig zu informieren und Genehmigungsprozesse effizient zu gestalten.
Wie geht die Stadt Osnabrück mit diesen Themen um? Welche Erfahrungen wurden bereits gesammelt, und welche digitalen Lösungen sind aktuell im Einsatz oder in Planung? Darüber sprechen wir heute mit Dirk Ohde, dem Fachdienstleiter Geodaten der Stadt Osnabrück.
Welche zentralen Herausforderungen sehen Sie derzeit in der Koordination von Baumaßnahmen auf kommunaler Ebene?
Die Baustellenkoordination spielt eine zentrale Rolle bei der Planung und Durchführung von Baumaßnahmen im öffentlichen Verkehrsraum. Ihre Hauptaufgabe ist es, sämtliche Bauprojekte so zu koordinieren, dass die Beeinträchtigungen und Behinderungen für Verkehrsteilnehmer und Anlieger minimiert werden. Dies geschieht durch ein vorausschauendes Projekt- und Terminmanagement, das sowohl räumliche als auch verkehrliche Aspekte berücksichtigt.
Ein wesentlicher Aspekt der Baustellenkoordination ist die Wahrung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs unter Berücksichtigung der Straßenverkehrsordnung (StVO). Durch frühzeitige Vorbereitung der Maßnahmen sollen Infrastrukturmaßnahmen optimiert und effizient durchgeführt werden. Die Schwerpunkte im Rahmen des Baustellenmanagements sind vielfältig.
Organisation, Leitung und Moderation regelmäßiger Koordinierungssitzungen: Diese Sitzungen dienen als Plattform für alle Beteiligten, um Informationen auszutauschen, Probleme zu besprechen und Planungen frühzeitig aufeinander abzustimmen.
Eigenständiger multilateraler Abgleich der Bauprogramme sämtlicher Vorhabenträger: Die Baustellenkoordination sorgt dafür, dass die Bauprogramme der verschiedenen Akteure aufeinander abgestimmt werden. Hierdurch werden Konflikte vermieden und Synergieeffekte genutzt.
Abstimmung mit überregionalen Stellen (Landes-/Bundesbehörde, Landkreis etc.): Bei größeren Bauprojekten ist u. U. eine Abstimmung mit überregionalen Stellen erforderlich. Dadurch wird gewährleistet, dass die Maßnahmen mit den übergeordneten Planungen und den daraus resultierenden Anforderungen übereinstimmen.
Fortlaufende Steuerung und Koordination von unterjährig laufenden Programmen im Hinblick auf terminliche und verkehrliche Aspekte: Die Baustellenkoordination überwacht die laufenden Bauprojekte und passt die zeitlichen und räumlichen Planungen bei Bedarf an. Vorrangiges Ziel ist hierbei, dass die Termine eingehalten werden, der Verkehr reibungslos fließen kann und korrespondierende Baumaßnahmen untereinander ausgesteuert werden können. Durch eine effektive Baustellenkoordination können folglich die Auswirkungen von Baumaßnahmen auf den öffentlichen Verkehrsraum deutlich minimiert – und die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gewährleistet werden.
Wie gelingt es, verschiedene Baumaßnahmen miteinander zu koordinieren, um unnötige Belastungen zu vermeiden und das Zusammenspiel von Baustellen möglichst effizient zu gestalten? Welche Rolle spielen hierbei bislang digitale Lösungen?
Der Schlüssel zu einer zielgerichteten und effizienten Baustellenkoordination liegt in einer umfassenden, multilateralen Kommunikation zwischen allen Beteiligten. Die Koordinierungsstelle der Stadt Osnabrück nimmt hierbei eine zentrale Rolle ein. Sie führt regelmäßig gemeinsame Projektabstimmungen mit allen internen und externen Stellen durch, die von Baumaßnahmen im öffentlichen Verkehrsraum betroffen sind. Diese Abstimmungen dienen der Information und Koordination auf der Grundlage der jeweiligen Maßnahmenprogramme aller Beteiligten.
Um einen reibungslosen Ablauf der Baumaßnahmen zu gewährleisten, sind die Abstimmungsprozesse klar strukturiert.
Abgleich mit angrenzenden Baulastträgern: Die Koordinierungsstelle stimmt sich eng mit den angrenzenden Baulastträgern wie dem Landkreis Osnabrück, der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) und der Autobahn GmbH ab, um überregionale, verkehrliche Wechselwirkungen zu berücksichtigen und gemeinsame Lösungen zu finden.
Abgleich der Jahresbauprogramme: Die Jahresbauprogramme der Vorhabenträger im innerstädtischen Bereich (z. B. SWO Netz GmbH, Straßenbau, Straßenunterhaltung, städtische Hochbauvorhaben, ÖPNV, Telekommunikation, Breitbandausbau) werden sorgfältig aufeinander abgestimmt, um sicherzustellen, dass die verschiedenen Projekte zeitlich und räumlich optimal koordiniert sind, um negative Wechselwirkungen zu minimieren.
Abgleich der Mittelfristplanungen: Die Mittelfristplanungen des investiven Straßen- und Kanalbaus werden ebenfalls in die Abstimmungsprozesse einbezogen, um langfristige Perspektiven zu berücksichtigen, zukünftige Baumaßnahmen frühzeitig aufeinander auszusteuern.
Koordinierungssitzungen: Unter Einbeziehung sämtlicher am Bau beteiligten Stellen (Bauträger, Fachplaner, Ingenieurbüros, Ordnungsbehörde, Verkehrsbetriebe, Polizei, Feuerwehr etc.) werden regelmäßige Koordinierungssitzungen durchgeführt. Diese dienen dem Informationsaustausch, der Problemlösung und der gemeinsamen Entscheidungsfindung.
Operative Abstimmung von Sperrungen: Bei zeitnah anstehenden Sperrungen aufgrund von Bauarbeiten erfolgt eine operative Abstimmung unter Einbeziehung der verkehrsrelevanten Stellen, um die Auswirkungen auf den Verkehr so gering wie möglich zu halten und ggf. geeignete Umleitungsmaßnahmen zu planen. Die Stadtverwaltung nimmt im Rahmen ihrer Koordinierungsaufgabe und in ihrer Funktion als Genehmigungsbehörde eine zentrale Rolle ein. Sie entscheidet verbindlich über den Zeitpunkt, die Verschiebung, die Reihenfolge und gegebenenfalls auch die Streichung einzelner Maßnahmen. Darüber hinaus hat sie in begründeten Fällen das Recht, Anträge ablehnend zu bescheiden bzw. die Zustimmung zu verweigern, um die Interessen der Allgemeinheit und einen reibungslosen Verkehrsfluss zu gewährleisten.
Durch diese umfassenden Kommunikations- und Abstimmungsprozesse sowie die klaren Entscheidungsbefugnisse der Stadt wird eine effiziente und zielgerichtete Baustellenkoordination gewährleistet. Dies ermöglicht es, die Beeinträchtigungen für Verkehrsteilnehmer und Anlieger zu minimieren und dadurch die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs im öffentlichen Raum sicherzustellen.
Informationen zu Baustellen sind oft in verschiedenen Systemen und Ämtern verstreut. Digitale Baustellenmanagementsysteme versprechen diesbezüglich Verbesserungen, indem sie Informationen bündeln und allen Akteuren zugänglich machen. Welche Erfahrungen haben Sie bei der Einführung digitaler Tools für die Baukoordination in Osnabrück gemacht?
Die Stadt Osnabrück setzt bereits seit 2003 auf ein fortschrittliches, onlinebasiertes, digitales Baustellenmanagementsystem namens Via-Baustelle, um ihre vielfältigen Verwaltungsaufgaben im Zusammenhang mit Tief- und Straßenbaumaßnahmen effizient und transparent zu gestalten. Dieses System hat sich als zentrales Werkzeug für die Koordination und Kommunikation aller Baustellenaktivitäten im öffentlichen Verkehrsraum etabliert.
Sämtliche Vorhabenträger, ob städtische Eigenbetriebe, private Unternehmen oder Versorgungsunternehmen, sind verpflichtet, ihre Mitteilungen, Anzeigen und Nachrichten über Maßnahmen, die eine Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsflächen erforderlich machen, in Via-Baustelle einzustellen. Dies gewährleistet einen umfassenden Informationsfluss und ermöglicht allen Beteiligten einen fortwährenden Überblick zu laufenden und geplanten Baumaßnahmen.
Ein grundlegendes Ziel aller Beteiligten ist es, den angesprochenen Informationsaustausch ausschließlich im elektronischen Verfahren über das System abzuwickeln. Dies beschleunigt die Kommunikationswege, reduziert den Verwaltungsaufwand und minimiert das Risiko von Missverständnissen oder Informationsverlusten.
Alle vorgesehenen Infrastrukturmaßnahmen, welche eine Inanspruchnahme (i. d. R. Aufgrabung) öffentlicher Verkehrsflächen erforderlich machen, sind der Stadt elektronisch über das Baustellenmanagementsystem anzuzeigen. Darüber hinaus ist bei der städtischen Koordinierungsstelle eine formale Genehmigung für die Durchführung der Maßnahme zu beantragen. Von der Anzeigepflicht und dem Genehmigungsverfahren ausgenommen sind bestimmte kleine Baumaßnahmen, die aufgrund ihrer geringen Größe oder der Art ihrer Durchführung keine wesentlichen Auswirkungen auf den öffentlichen Verkehrsraum haben. Hierzu zählen im Wesentlichen Maßnahmen für die Erstellung von Hausanschlüssen zu Versorgungszwecken, Notfallmaßnahmen zur Gefahrenabwehr (z. B. bei Kabelfehlern), Störungsbeseitigungen kleineren Umfangs (Grabenlänge < 5,00 m) und Maßnahmen, die ausschließlich oberirdisch oder innerhalb bestehender Anlagen durchgeführt werden (z. B. Arbeiten an Leitungsmasten, in Schachtanlagen, in Stationen). Für diese kleinen Baumaßnahmen erteilt die Stadt bei ausgewählten Maßnahmenträgern eine allgemeine Zustimmung, die jedoch jederzeit widerrufen werden kann.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass durch die Digitalisierung die Genehmigungsverfahren beschleunigt – und die Kommunikation zwischen den Beteiligten deutlich vereinfacht wird. Sämtliche Informationen zu Baumaßnahmen sind zentral und für alle Beteiligten einsehbar. Das System ermöglicht eine bessere Koordination von Baumaßnahmen und reduziert das Risiko von Konflikten oder Doppelungen. Durch die standardisierten Prozesse wird zudem die Qualität der Bauausführung verbessert.
Via-Baustelle ist somit ein wichtiger Baustein für eine moderne und effiziente Verwaltung, die den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen gerecht wird.
Eine lückenhafte Bauüberwachung führt immer wieder zu Verzögerungen, Sicherheitsproblemen und Nachbesserungen. Mit welchen Maßnahmen gestalten Sie in Osnabrück die Baustellenkontrolle und Qualitätssicherung bzw. planen Sie diese zu gestalten?
Um in einer Großstadt eine effektive Baustellenkontrolle und Qualitätssicherung zu gewährleisten und die Risiken einer lückenhaften Bauüberwachung zu minimieren, ist ein ganzheitlicher Ansatz erforderlich, der sowohl organisatorische als auch technische Maßnahmen umfasst.
Auf organisatorischer Ebene ist es entscheidend, qualifiziertes Personal einzusetzen, klare Verantwortlichkeiten für die verschiedenen Verfahrensschritte zuzuweisen und detaillierte Baupläne und Leistungsbeschreibungen zu erstellen. Diese können dann nachhaltig als Grundlage für die Bauausführung und Qualitätskontrolle dienen. Regelmäßige Baubesprechungen mit allen Beteiligten, eine lückenlose Dokumentation aller Bauaktivitäten sowie die enge Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden und Institutionen sind weitere wichtige Aspekte.
Auf technischer Ebene ist der Einsatz moderner Bautechniken von großer Bedeutung. Regelmäßige Qualitätskontrollen während der Bauausführung, die Verwendung von Baumaterialien mit entsprechenden Prüfzeugnissen sowie der Einsatz digitaler Werkzeuge für die Bauplanung, die Bauüberwachung und die Qualitätskontrolle (z. B. Drohnen, mobile Apps etc.) tragen zusätzlich zur Qualitätssicherung bei.
Darüber hinaus ist es wichtig, regelmäßige Schulungen für die Mitarbeiter durchzuführen, um sie über neue Bautechniken, Materialien und Vorschriften zu informieren, und Anreize für qualitativ hochwertige Arbeit zu schaffen. Durch diese umfassenden Maßnahmen kann die Baustellenkontrolle und Qualitätssicherung in einer Großstadt erheblich verbessert werden, was zu weniger Verzögerungen, Sicherheitsproblemen und Nachbesserungen führt. Folgerichtig kann hierdurch eine effiziente und wirtschaftliche Bauausführung erreicht werden.
Gibt es weitere aktuelle oder geplante Projekte, die das Baustellenmanagement in Osnabrück künftig verbessern sollen?
Die Optimierung von Baustellen im öffentlichen Verkehrsraum ist ein komplexes und fortlaufendes Unterfangen. Die Vielfalt und Komplexität der unterschiedlichen Infrastrukturmaßnahmen, wie beispielsweise Straßen- und Leitungsbau, führen zu ständig neuen Rahmenbedingungen. Diese Veränderungen erfordern eine kontinuierliche Anpassung der Verfahrensabläufe, um einen reibungslosen Ablauf der Bauprojekte zu gewährleisten und die Auswirkungen auf den Verkehr und die Anwohner so gering wie möglich zu halten.
Eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst die Planung und Durchführung von Baustellen. Dazu gehören politische Entscheidungen, technische Anforderungen, planerische Aspekte und behördliche Genehmigungen. All diese Faktoren müssen bei der Optimierung von Baustellen berücksichtigt werden, um ein effizientes und erfolgreiches Ergebnis zu erzielen.
Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, hat die Stadt eine eigens programmierte Projektdatenbank entwickelt. Diese Datenbank ermöglicht eine umfassende Bearbeitung der laufenden Projekte durch die beteiligten Fachdisziplinen, wie beispielsweise Ingenieure, Bauleiter und Verkehrsplaner. Durch den zentralen Zugriff auf alle relevanten Informationen wird die Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen den verschiedenen Akteuren verbessert und die Effizienz der vorbereitenden Planungsprozesse gesteigert.
Darüber hinaus befinden sich die zuständigen Fachabteilungen derzeit in einem Prozess zur effizienteren Schnittstellenbearbeitung innerhalb den Planungsschritte zu den jeweiligen Vorhaben. Ziel ist es, die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Bereichen zu optimieren und die Abstimmungsprozesse zu beschleunigen. In diesen Prozess sind auch die relevanten Planungsbereiche der SWO Netz GmbH – dem lokalen Energie- und Wasserversorger – eingebunden, da deren Infrastrukturmaßnahmen oft mit anderen Bauprojekten koordiniert werden müssen.
Um eine objektive und professionelle Begleitung des Optimierungsprozesses zu gewährleisten, wird das Verfahren durch eine externe Beratungsgesellschaft betreut. Diese Experten bringen ihr Fachwissen und ihre Erfahrung ein, um die Prozesse zu analysieren, Verbesserungspotenziale zu identifizieren und innovative Lösungen zu entwickeln.
Die Einführung der Projektdatenbank, die Optimierung der Schnittstellenbearbeitung und die Einbeziehung einer externen Beratungsgesellschaft sind wichtige Schritte zur Effizienzsteigerung und zur Minimierung von Beeinträchtigungen durch Baustellen im öffentlichen Verkehrsraum. Durch diese Maßnahmen wird die Stadt in die Lage versetzt, ihre Infrastrukturprojekte zukünftig noch effektiver planen und durchführen zu können.
Die Stadt Osnabrück ist bei baustellenbedingten Eingriffen deutschlandweit führend in der Umsetzung von Maßnahmen zur Barrierefreiheit – insbesondere für sehbehinderte Menschen. Die zuständigen städtischen Mitarbeiterinnen nehmen an entsprechenden Fortbildungen teil und führen selbst fachspezifische Vorführungen von technischen Detaillösungen durch, wie z. B. taktile Leitsysteme und akustische Signale. Diese Maßnahmen gewährleisten, dass auch Menschen mit Sehbehinderungen sich sicher und selbstständig im Baustellenbereich bewegen können.
Darüber hinaus hat die Stadt Osnabrück einen Inklusiven Stadtplan entwickelt, der Menschen mit Behinderungen helfen soll, sich in der Stadt zurechtzufinden. Der Plan enthält Informationen über barrierefreie Wege, Einrichtungen und Dienstleistungen. Auch für andere Menschen mit Behinderungen tut die Stadt einiges. So gibt es beispielsweise eine Vielzahl an Behindertenparkplätzen und ein Leihangebot für Rollstühle.