Bis 2045 soll die Energieversorgung in Deutschland im Wesentlichen klimaneutral erfolgen. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn auch die Wärmeversorgung transformiert wird. Was sind für Sie aktuell die größten Hürden der Wärmewende und was kann die Kommunale Wärmeplanung in diesem Zusammenhang leisten?
Die Wärmewende ist eine enorme Herausforderung, da die Umstellung auf erneuerbare Energien im Wärmesektor aufgrund der Vielzahl an Gebäuden mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen erheblich komplexer ist als im Strombereich. In Deutschland gibt es fast 20 Millionen Wohngebäude, wobei über 75 % der Heizungen mit fossilem Öl und Gas betrieben werden. Diese Zahlen verdeutlichen den enormen Transformationsbedarf im Wärmesektor.
In diesem Kontext ist die Kommunale Wärmeplanung ein zentrales Instrument, um die langfristige Umstellung auf erneuerbare Energien oder unvermeidbare Abwärme zu gewährleisten. Sie kann Klarheit darüber schaffen, welche Heiztechnologien in den jeweiligen Gebieten am besten geeignet sind. Durch einen transparenten Bewertungsansatz und die Einbindung der Öffentlichkeit wird zudem Akzeptanz für die identifizierten Technologielösungen geschaffen.
Bekanntermaßen sind die kommunalen Versorger zentrale Akteure, wenn es darum geht, die Wärme- bzw. Energiewende vor Ort voranzutreiben. Wo siehst du die Rolle der Stadtwerke im Prozess der kommunalen Wärmeplanung bzw. welche Rolle würdest du dir wünschen?
Stadtwerke sind ein wichtiger Akteur bei der Kommunalen Wärmeplanung und wir wünschen uns dementsprechend eine zentrale Rolle bei der Durchführung. Die Stadt sucht aktuell im Rahmen einer Ausschreibung geeignete Dienstleister und wir haben uns gemeinsam mit zwei Dienstleistern beworben.
Unsere Partner bringen umfangreiche Fachexpertise in der Energie- und Infrastrukturplanung sowie in der Akteursbeteiligung und Öffentlichkeitsarbeit mit. Wir selbst verfügen über tiefgehendes technisches und regionales Wissen im Bereich der Energieversorgung, bei Wärmenetzen sowie erneuerbaren Energielösungen. Darüber hinaus haben wir ein ausgeprägtes Netzwerk von Stakeholdern und Akteuren in Wuppertal. Auf diese Weise wollen wir eine effiziente Durchführung und eine realistische Umsetzungsplanung bei der Kommunalen Wärmeplanung sicherstellen.
Ein Beispiel dafür ist die steigende Bedeutung der Wärmenetze. Aktuell versorgen wir etwa 7 % der Bevölkerung von Wuppertal mit Fernwärme und haben bereits viele Ideen und Vorschläge für den Ausbau der Nah- und Fernwärme in Wuppertal.
Die kommunale Wärmeplanung stellt die meisten Kommunen vor neuartige Aufgaben, für die es noch wenig Musterbeispiele bzw. längerfristige Erfahrungen gibt. Gerade die spätere Verbindung mit der Umsetzungsplanung auf Detailebene birgt noch viele offene Fragen. Wo siehst du die größten Herausforderungen im Zusammenhang mit der Vorbereitung, Erstellung und Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung?
Die kommunale Wärmeplanung steht vor zahlreichen Herausforderungen, von denen hier nur einige genannt sind. Bei der Vorbereitung ist die Beschaffung einer Vielzahl von Daten entscheidend, darunter Informationen zum Alter und zu den Energieträgern der Heizungen, zu den Wärmebedarfen sowie zu den Potenzialen für erneuerbare Energien wie beispielsweise der Geothermie. Hier bereiten wir uns bereits intensiv auf den Projektstart vor.
Für die Erstellung der Planung ist eine umfassende Beteiligung zentraler Akteure aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft erforderlich, um nicht nur die große Betroffenheit der Bevölkerung angemessen zu berücksichtigen, sondern auch viele wichtige Informationen über die lokalen Gegebenheiten in die Wärmeplanung einzubeziehen.
Die Umsetzung der Planung steht vor erheblichen Herausforderungen. Es besteht ein hoher Investitionsbedarf, sowohl für Privathaushalte in Form von Maßnahmen wie Wärmepumpen und Gebäudesanierung als auch für die Entwicklung neuer Wärmenetze. Aus meiner Sicht ist beispielsweise die derzeitige Ausgestaltung der Bundesförderung für effiziente Wärmenetze nicht ausreichend. Zudem mangelt es in vielen Bereichen an Fachkräften und spezialisierten Unternehmen, was beispielsweise beim Tiefbau zu Verzögerungen und höheren Kosten führt.
Insgesamt ist der Zeitplan für die Umsetzung bis 2045 sehr ambitioniert und erfordert eine reibungslose Koordination aller beteiligten Parteien.
Mit dem KommWPlanPlus-Projekt sollen die Potenziale der kommunalen Wärmeplanung für eine abgestimmte Wärmewende vor Ort gehoben werden. Welche konkreten Erwartungen bzw. Kernanliegen verbindet die WSW mit der Teilnahme am Verbundprojekt?
Ich bin sehr gespannt auf das Projekt, da es sich auf die Verzahnung von kommunaler Wärmeplanung mit Umsetzungsstrategien konzentriert. An den Standorten Hagen, Wuppertal und Garbsen werden die Wärmeplanungen begleitet, ausgewertet und innovative Konzepte sowie neue Methoden erprobt.
Besonders wichtig ist mir die Förderung der Zusammenarbeit zwischen lokalen Akteuren und die gemeinsame Fortentwicklung hin zu klimaneutralen Kommunen. So wollen wir weitere Kommunen inspirieren und die Wärmeplanung in Deutschland vorantreiben.
Der Austausch mit den anderen Kommunen sowie die wissenschaftliche Unterstützung spielen hierbei eine entscheidende Rolle.
Die Arbeit in einem wissenschaftlichen Förderprojekt unterscheidet sich sicherlich in vielen Punkten von der alltäglichen Arbeit in einem Versorgungsunternehmen. Was war deine persönliche Motivation, am Projekt mitzuwirken?
Das Projekt unterscheidet sich in sehr von meiner jetzigen Arbeit. Allerdings war ich bis Juni 2023 beim Energiewirtschaftlichen Institut an der Universität zu Köln beschäftigt und habe daher viele Erfahrungen mit wissenschaftlichen Förderprojekten gesammelt. Das Projekt ist im Grunde die perfekte Symbiose meiner alten und neuen Tätigkeit.
Vielen Dank für das nette Gespräch!
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